Junger Wein gehört in neue Schläuche    Markus 2.22   

Dieses Verfahren der Weinherstellung, Wein in Schläuche zu füllen, ist heute nicht mehr dran. Verbesserte Methoden, Verfeinerungen und viel Erfahrung haben jedoch die sieben Schritte der Weinherstellung nicht grundsätzlich verändert. Immer noch geht es bei uns im Herbst um das Lesen der Trauben. Dann folgt das Maischen der Trauben - ein Gemisch von Most, Beerenschalen und Kernen, sowie auch Stiele und Stängel der entrappten Trauben wird hergestellt, die Vergärung mit Hefen…, das Pressen und Filtern der Maische, die Vorbereitung der Holzfässer für die Reifung des Weins und schließlich das Abfüllen in vorbereitete Flaschen. Wein: zum Trinken und Verkaufen und Genießen - seit 7000 Jahren.

Doch Wein wird nicht mehr in Schläuche – von Tierhäuten zusammengenäht- gefüllt, wie es zur Zeit Jesu noch üblich war. Zu diesem Verfahren waren für den jungen, neuen Wein keine alten Schläuche mehr ausreichend haltbar.  Der neue Wein mit seinen inneren Kräften konnte alte porös gewordene Schläuche nicht mehr sicher halten.

Das ist so ähnlich, wie es Jesus vorhersagte: „Niemand flickt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; denn der alte Stoff hat nicht mehr die Festigkeit, das neue Tuch zu halten.

So ist es auch mit dem Evangelium von Jesus Christus. Es ist so neu, mit einer inneren Sicherheit, Festigkeit und alles überschreitenden und durchwirkenden Macht, dass alles Bisherige, Fromme, Religiöse, Ethische und Erstrebenswerte der Menschen guten Willens, nicht das leisten kann, was das Evangelium des Neuen Testamentes in Bewegung bringt und auf Zukunft ausrichtet. Es ist so neu, dass alles Alte dagegen verblast und mit dem Neuen nicht auszuflicken ist.

Es geht seit dem Kommen Jesu nicht mehr um Verbesserungen im alten Verhalten des Menschen. Auch alle ethischen angesagten Bemühungen aus eigener Kraft schaffen nicht das Neue. Selbst die vorgefassten Entschlüsse am Anfang eines neuen Jahres überwinden nicht zuverlässig alte Gewohnheiten.  Mit persönlichen Opfern bis hin zur Selbstaufopferung hat noch keiner in der Geschichte der Menschen seinen immer wieder aufbrechenden und sich auch versteck durchsetzenden Egoismus überwunden. Auch das alte Pestalozzi-Prinzip, das Gute im Innern zu fördern, zeigte nicht entsprechende Erfolge; denn der Mensch ist in seinem Innern nicht gut.

Jesus hat das aufgedeckt und wir alle in der Menschheitsgeschichte seit Adam und Eva können das nur bestätigen, weil es nicht nur unsere Erfahrung ist, sondern auch im Zusammenspiel der Menschen – ob groß oder klein - offenkundig wird. Jesus sagte: „Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung“ (Matthäus 15,19).

Auch wenn das nicht auf alle in dieser Klarheit, Eindeutigkeit und Konsequenz zutrifft, so ist doch keiner so selbstlos und so sozial für andere da, auch wenn er immer strebend sich bemüht. In der letzten ihm eigenen Motivation ist es doch immer der Einzelne, der sich ins Licht setzt, Anerkennung will bis hin zur Machtausübung auf andere.

An all dieses Alte Wesen des Menschen ist jeder Versuch des Flickens, der Verbesserung und der gewollten Veränderung zum Scheitern verurteilt. Deshalb geht Jesus auch nicht auf die religiösen Bestrebungen seiner Zeit ein. Nein, er ruft zum völligen Neuanfang auf. Es gilt alles Bisherige aufzugeben und zurückzulassen. Da ist nichts mehr, was vor ihm und Gott Bestand hat, auch wenn es noch so sozial, religiös, fromm und aufopfernd war. Nur wer sich mit ihm einlässt, in seine Nachfolge bewusst eintritt und ihn an die erste Stelle setzt, für den wird das Leben neu. D.h. er bekommt Vergebung aller Schuld, weil Jesus am Kreuz alle Schuld auf sich nahm. Und Vergebung heißt: Gott trägt mir nichts mehr nach. Frei der gelebten Zwänge und Gewohnheiten in der Vergangenheit kann ich mich an Jesus und seinem Wort orientieren.  Dabei kann ich ein Lernender – lebenslang – bleiben. Ja, mein ganzes Leben – wie immer es auch sein mag – kann ich mit ihm besprechen, durchsprechen. Dabei erfahre ich immer neu seine Zuwendung zu mir. Ich muss noch nicht alles so schaffen, wie er es meint. Als Lernender, der im Gespräch mit ihm bleibt, erfahre ich die Neuausrichtung meines ganzen Lebens. Eben Neues geschieht und wird durch seine Kraft, seinen Geist in mir und durch mich gefördert. Gott gewinnt in mir Raum. Die Not anderer kommt in meinen Blick. Aus innerer Dankbarkeit und Freude gewinnen Jesu Anliegen in meinem Alltag Gewicht. Weil er für mein Gestern, Heute und Morgen sorgt, kann ich geborgen und mutig meinen Alltag angehen, denn wie es Paulus beschreibt, gilt auch mir:

„ich bin darin guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird’s auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu“ (Philipper 1,6).

Das ist kein neuer Stress, Gott gefallen zu müssen. Ich muss nicht mehr die Belastung meines Gewissens abarbeiten. Durch seine Vergebung meiner Schuld und täglich neuen Schuld werde ich ermutigt mich neuen Aufgaben zuzuwenden und meinen Alltag zu bewältigen. In der Gewissheit, ich bin von ihm geliebt und gewollt, schon zur Zukunft seines kommenden Reiches gewonnen.

Das ist nicht nur eine neue Perspektive im Alltag, sondern tägliche Erfahrung: Ich bin Kind Gottes und Erbe seiner Zukunft. 

Siegward Busat