Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst    Jakobus 1,22   

Als ich vor Jahrzenten das Buch „Ich wage das Leben“ für junge Menschen herausbrachte, sagte mein Freund zu mir: „Des Wortemachens ist kein Ende“. Und wie recht er hatte! Wer redet nicht schon gern von sich und über andere. Von uns braucht im Gespräch nur ein Stichwort zu fallen und schon legen andere los mit ihren Geschichten, Erfahrungen, Meinungen, Wertungen und Behauptungen. Egal um welches Thema es geht, jeder meint, dazu etwas zu sagen. Manchmal habe ich den Eindruck, mancher redet nur, um sich zur Sprache zu bringen, auch wenn er nichts Wesentliches zum Thema beizutragen hat.

Da spreche ich eines Abends einen jungen Mann auf der Straße in Elberfeld an. Mit einem christlichen Traktat in der Hand frage ich ihn konkret , wie er zu Jesus und zum Glauben an Gott steht. Und er legt sofort los: Es geht doch gar nicht um den Glauben, sondern wichtiger ist das soziale Verhalten und die entsprechende Tat. Er sagte das mit fester innerer Überzeugung. Ich fragte ihn zurück, was er denn konkret tut und für andere spendet. Da kommt nur ein „Nichts“ heraus.  Obwohl er große Worte für das soziale Engagement hervorbrachte, musste er sich selbst eingestehen, dass zwischen seinen Worten und Taten eine große Lücke klaffte. Das nennt der Verfasser des Monatsspruches Selbstbetrug „betrügt ihr euch selbst“.

Es ist schon problematisch, wenn ein Mensch sich nicht ehrlich verhält, so tut, als ob; etwas vorgibt, für das er nicht wirklich steht. Kann man einem solchen Menschen wirklich vertrauen oder muss man immer damit rechnen, dass er uns etwas vormacht und uns belügt und betrügt? Wenn dann die Vertrauensbeziehung gestört ist, können wir dem andern nicht mehr voll vertrauen; denn wer will sich schon auf einen andern einlassen, der letztlich nicht ernst zu nehmen ist? Das betrifft alle Ebenen der menschlichen Gesellschaft mit der Konsequenz, dass Menschen sich auseinanderleben und sich voneinander trennen und selten wieder zusammenfinden.

Im Umgang mit Menschen haben wir leider lernen müssen, dass nicht jeder zu seinem Wort steht und das sagt, was er zutiefst meint. Das ist auch in der christlichen Gemeinde nicht unbedingt anders; denn es menschelt überall. Nicht wenige zeigen sich ich der Öffentlichkeit anders als in den engsten Beziehungen. Manche haben eine gute Erkenntnis aus ihrer Lebenserfahrung. Diese können sie überzeugend begründen. Doch, wenn es darum geht, diese im Alltag selbst umzusetzen, dann scheitern sie an manchen Stellen.

Dass das nicht auch im persönlichen Verhalten in der christlichen Gemeinde andern und Gott gegenüber geschieht, ruft der Verfasser die Leser auf, nicht nur Hörer des Wortes zu sein. Gemeint ist das verkündigte Wort Gott, wie wir es in der Bibel vorfinden.  Es geht um den Willen Gottes, wie wir ihn in den zehn Geboten im Verständnis Jesu finden, wie es in der Bergpredigt zum Ausdruck kommt.

Konkret geht es um die Sonntagsgestaltung, wo Gott mit dem Gottesdienst an die erste Stelle kommt und wir auf sein Wort hören, ihn im Singen und Beten ihn loben und dann das wegweisende Wort in der neuen Woche in unseren vielfältigen Begegnungen umsetzen.  Um dieses Wort von Gott zu hören, bedarf es der aktiven regelmäßigen Teilnahme am Gottesdienst. Wo Menschen sich dazu entschließen, wird ihr Leben auf verschiedene und kaum selbst erdachte Eröffnungen ausgerichtet. Das macht Mut mit Gott im Alltag Neues zu wagen und das bereichert unser Leben auf vielfältige Weise. Unser enger bisheriger Horizont wird erweitert und der Alltag gewinnt Freude und neue Perspektiven. Zu dieser Lebensbereicherung will uns der Verfasser ermutigen; denn wer das Wort Gottes hört, in sich aufnimmt, bewegt und in die Tat umsetzt, der gewinnt auch in manchem Verzicht und Widerspruch eine Menge der göttlichen Lebensfülle:

Da kommen die alt und gebrechlich gewordenen Eltern in den Blick. Dank und Freude bewegt uns, wenn wir daran denken, was sie alles für uns eingesetzt haben. Und ein kleines Stück Dank geben wir ihnen zurück, in dem wir für sie da sind und sie nicht allein lassen.

Da fallen uns Menschen ein, die sich von uns trennten und uns vielleicht auch übel mitgespielt haben. Was immer auch war,  wir strecken die Hand zu ihnen aus und nehmen sie auf in unser Gebet; denn auch für sie starb Jesus am Kreuz, auch wenn sie es noch nicht so sehen können.

Da beginnen wir jede Schönheit – ob Junge oder Mädchen, ob Mann oder Frau,  – als Gottes Geschöpf zu sehen und zu achten, ihnen eine gute Zukunft in der Ehe mit ihrem von Gott geschenkten Partner/ Partnerin zu wünschen, ohne sie selbst vorher sexuell zu belasten oder in ihre Ehe einzubrechen; denn Ehe von Mann und Frau ist auf Lebenszeit eine gegenseitige Hilfe und Halt beider Ehepartner, ein großartiges Geschenk Gottes. Das kann man nur wollen.

Da kommt auch das Nicht – Stehlen in den Blick. Leicht denkt man daran, nichts aus dem Geschäft mitgehen zu lassen oder einen andern oder den Staat, wenn es um finanzielle Dinge geht wie z. B. die Steuererklärung bewusst ehrlich zu bleiben. Doch im Ursprung geht es um die Beraubung des Lebens durch Sklaverei, Missachtung, Zurücksetzung, Folter… Anders gesagt, einem Menschen das Leben zu rauben. Positiv ausgedrückt: Jeder Mensch soll voll auf seine Kosten kommen und sein Leben sinnvoll gestalten können. Dazu können wir wesentlich beitragen.

Dann geht es um Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit, die immer wieder freisetzt zum Vertrauen und zur Verlässlichkeit im Miteinander auf allen Ebenen. Auch wenn andere noch nicht mitziehen, sollen sie an uns die befreiende Macht zur Wahrheit erkennen, die uns als Persönlichkeit schätzen lernen und Vertrauen wagen. So verlieren die Lüge und Falschheit in unserer Umgebung an Raum.

Da nicht jeder dem anderen finanziell und sozial gleichgestellt ist, findet man zu sich selbst und zu seiner Situation ein volles Ja. Man freut sich an dem, was man hat und kann, und lernt Gott zu danken für das, was er dem andern ermöglicht hat, ohne der Missgunst zu verfallen und im Neid zu ersticken. Wer Gott alles – auch wenn es wenig ist – verdankt, der wird frei vom Begehren des Nächsten Hab, Gut und Einfluss.

Dieses u.a.m. möchte der Verfasser des Jakobusbriefes seinen Lesern und uns ermöglichen:                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Wer dem Wort von Gott vertraut und sich konkret darauf einlässt, es Tat werden lässt, gewinnt ein unsagbares Mehr an bereichernder Lebensqualität für sich und andere.

                                                                                                 

Siegward Busat